Politische Kampagnen

 

In Erinnerung an Hermann Strittmatter

Text: Marco Tackenberg

Die erste Begegnung mit Hermann Strittmatter endete mit einem Eklat auf dem Bürgenstock. Ich hatte eine Kritik vorgebracht, die ihn zu einer Wutrede gegen mich aufbrachte. Beim zweiten, telefonischen Kontakt hängte er mir nach wenigen Minuten den Hörer auf. Den dritten Kontakt überliess ich – schon gezeichnet – meinem Mitarbeiter auf der Agentur. Aber dann fanden wir uns. Über fast zwei Jahrzehnte konzipierten wir zusammen mehrere Kampagnen.

Hermann Strittmatter studierte Betriebswirtschaft in Zürich und Genf. Sein Grossvater war Bühnenmeister am Opernhaus Zürich und nahm ihn als Jungen zu den 1.-Mai-Umzügen mit. In die Werbung kam er zufällig: Als Abteilungsleiter eines Herstellers von Schneeschleudern gestaltete er 1964 in Eigenregie das Titelblatt eines Prospekts: «Ich nahm ein A4-Blatt, befeuchtete es und bespritzte es mit Tinte. Im Fotogeschäft nebenan habe ich dann das Negativ machen lassen, es auf Karton geklebt und eine halbe Stunde nach dem Auftrag dem Chef gebracht. Der ist fast vom Stuhl gekippt und hat mich zum Werbeleiter ernannt.» Drei Jahre später wechselte Strittmatter zur Werbeagentur GGK, welche sich zur wichtigsten Referenz der Branche im deutschsprachigen Raum entwickelte.

Jeder Besuch auf der GGK in Zürich war ein Spektakel. Ich blickte Strittmatter wortwörtlich bei der Arbeit über die Schultern. Bei einem Termin 2015 arbeitete er gerade an der Kampagne über eine zweite Tunnelröhre am Gotthard. Ein schwieriges Unterfangen, dass schon früher an der Urne vom Volk verworfen wurde. Wie lässt sich das Anliegen für den Abstimmungskampf überzeugend formulieren? Strittmatter verwies auf eine Umfrage, welche zeigte, dass auch die Gegner einer zweiten Röhre das Argument der Verkehrssicherheit anerkennen. Zudem sei es wichtig, die Romandie ins Boot zu holen. Aus diesen Überlegungen resultierte sein Slogan: «Ein sicherer Gotthard für die ganze Schweiz.»

Hermann Strittmatter war immer hellwach, gleichermassen witzig, unverschämt, grosszügig, voller Empörung gegenüber politischer Dummheit und voller Liebe für seine Frau Käti. Er verstarb am 29. Juli 2025, 88-jährig.