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Erfolgreich ist, wer glücklich ist

Sie sind egoistisch und fordernd, sie können sich nicht in eine Hierarchie einordnen, sie haben unrealistische Erwartungen an ihre Arbeitsstelle und ans Leben überhaupt. Die Attribute, die man der Generation Y zuschreibt, sind nicht sehr schmeichelhaft. Zeit, diese Vorurteile zu prüfen.

Aufgewachsen ist die Generation Y, die zwischen 1981 und 2000 Geborenen, in unsicheren Zeiten: Finanzkrise, steigende Arbeitslosenrate, Umweltverschmutzung und Globalisierung haben sie geprägt. Nicht zu vergessen das Aufkommen der digitalen Technologie, die fast alle Lebensbereiche unterwandert und komplett umgewälzt hat.

Deshalb sehen die Ypsiloner im Gegensatz zu ihren Eltern ihr Leben nicht in jungen Jahren vorgespurt. Der Credit Suisse Jugendbarometer 2018 zeichnet denn auch das Bild einer verunsicherten, ernsten und verantwortungsbewussten Generation. Die Befragten legen ihr Geld vermehrt aufs Sparkonto und träumen vom Eigenheim. Das erscheint auf den ersten Blick wie ein Rückschritt in die konservativen 1950er-Jahre. Bei den sozialen Werten dagegen denken die Befragten sehr modern. Egal ob Homo-Ehe, Religionsfreiheit oder die Legalisierung von weichen Drogen, die Generation Y zeichnet sich durch grosse Offenheit und Toleranz aus. Auch von traditionellen Rollenmustern haben sich die jungen Frauen und Männer grösstenteils verabschiedet.

Heute sind die Ypsiloner zwischen Anfang 20 und Mitte 30 und nehmen ihre berufliche Karriere in Angriff. An den Arbeitgeber stellen sie hohe Ansprüche. Gemäss einer vom Think-Tank Zukunftsinstitut durchgeführten Trendstudie streben die Manager von morgen im Beruf nach Autonomie und Selbstverwirklichung. Individualismus wird grossgeschrieben. Gleichzeitig soll der Spass nicht zu kurz kommen. Die Generation Y will das Leben geniessen.

Diese Haltung sollte nicht als purer Egoismus gedeutet werden; sie ist lediglich eine Neuinterpretation von Erfolg: Für die Generation X (Jahrgänge 1961 bis 1980) bedeutete ein erfolgreiches Leben, die Karriereleiter zu erklimmen. Die Generation Y hingegen definiert Erfolg als die Möglichkeit, kreativ zu sein, eigene Ideen zu verwirklichen, in der Arbeit Erfüllung zu finden, sich weiterzubilden und eine ausgewogene Work-Life-Balance leben zu können. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, eine gute Arbeitsatmosphäre und funktionierende Teamarbeit sind ihnen wichtiger als ein grosser Lohn. Wobei Materialismus nicht anrüchig ist – die Ypsiloner sind im Überfluss oder sogar im Luxus aufgewachsen; Wohlstand ist für sie selbstverständlich. Als Motivation hat Geld aber ausgedient. Stattdessen rückt der Sinn der Arbeit in den Fokus. Die Generation Y will einen erfüllenden Job haben und etwas bewegen können. Wenn die Aufgabe Spass macht und sie Anerkennung bekommen, sind die jungen Arbeitnehmer bereit, viel zu leisten. Um die Generation Y zu motivieren, müssen Arbeitgeber aber so gut wie möglich auf individuelle Ansprüche eingehen.

Mit den richtigen Anreizen können die Ypsiloner auch für ein Engagement in einem Berufsverband motiviert werden. Denn Communities und Netzwerke spielen in dieser Altersgruppe eine herausragende Rolle – aber nicht mehr in Form von politischen Parteien oder Religionsgemeinschaften. Stattdessen formieren sich ad hoc neue Gruppen mit thematischen Schwerpunkten, wie beispielsweise die Piratenpartei oder die Occupy-Bewegung zeigen. Wenn die Vertreter der Generation Y überzeugt sind, durch ihr Engagement etwas bewirken zu können, wenn sie in einem motivierenden und anerkennenden Umfeld arbeiten können, dann werden die Berufsverbände auf sie zählen können.