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Eine Feindschaft,
die keine ist

Jugendliche lesen nur noch auf mobilen Geräten. Das E-Book hat das gedruckte abgelöst. Und Kommunikation findet seltener im echten Leben statt: Sogar das Flirten wird uns von Apps wie Tinder & Co. abgenommen. Aber Halt: Was digitale Pessimisten prophezeiten, ist nicht eingetreten. Ob MIKE, MARK, WEMF, KIM oder JIM – allen aktuellen Studien zum Mediennutzungsverhalten ist gemein, dass sie Print ein langes Leben vorhersagen.

Das Buch hat bereits die Erfindung des Radios und des Fernsehens unbeschadet überstanden. Schon damals wurde ihm ein schneller Tod vorhergesagt. Eingetreten ist dieser nie. Und auch im Zeitalter des Internets überraschen die Zahlen: 37 Prozent der Kinder in der Schweiz lesen täglich eine halbe Stunde lang – Schulbücher nicht mitgerechnet. Im US-Buchmarkt ist der Umsatz der E-Books erstmals zurückgegangen. Er stagniert bei 30 Prozent Marktanteil. In der Schweiz beträgt er ohnehin nur 6 %, grosszügig geschätzt. Wo ist die digitale Übermacht?

 

Was lange währt, wird unterschätzt

«Das Medium ist die Botschaft» schrieb der Vater der Medientheorie, der Kanadier Marshall McLuhan. Wie Geschriebenes übermittelt wird, ist Teil seiner Wirkung. Digitales ist kurzlebig und wird nicht selten mit geringerer Qualität assoziiert. Social Media und andere digitale Kanäle sind wegen ihrer schnellen Verfügbarkeit wie gemacht für Informationen mit Tagesaktualität. Branchen und ihre Werte aber, die Verlässlichkeit und Qualität signalisieren wollen, kommen um Print nicht herum. Wenn Vertrauen entstehen soll, bevorzugen auch Digital Natives den persönlichen Kontakt – beim Flirten wie bei der Wahl des Mediums.

Print zieht Aufmerksamkeit spielend leicht auf sich, während im Internet ständig Inhalte um die Gunst des Users kämpfen und sich in sein Sichtfeld schieben. Gedrucktes selektiert für den Leser vor, es zeigt ihm, was er lesen soll. Eine Website setzt ein Interesse am Thema voraus. Print kann dieses überhaupt erst wecken. Und Gedrucktes wird im Gegensatz zum Digitalen mehrmals gelesen, was seine Wirkung intensiviert. Zeitschriften beispielsweise bleiben oft lange im Haushalt und werden auch für den Besuch gut sichtbar präsentiert. Lesen von Gedrucktem ist etwas Exklusives, ein Akt des bewussten Monotaskings. Print geniesst ungeteilte Aufmerksamkeit, und das oft für über eine Stunde am Stück. Damit kann keine Website und kein elektronischer Newsletter mithalten.

 

Die digitale Achillesferse

Das papierlose Büro könnte schon Wirklichkeit sein – wäre da nicht etwas Unersetzbares am Print. Die Arbeit mit dem Text, das manuelle Hervorheben mit Leuchtstift, das Kratzen des Bleistifts bei einem hastig formulierten Kommentar – das sind nur einige Beispiele. Ein gedruckter Text bietet Spielraum. Er kann physisch bearbeitet werden, aber auch mit dem Kopf. Er übermittelt eine Emotionalität und Authentizität, die seinem digitalen Pendant fehlen. Gemessen an der Wirkung weist Print das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis auf – verglichen mit Radio-, Online- und Fernsehkampagnen. Sein Potential ist enorm. Auch dank dem Siegeszug des Internets hat Print sich auf Hochwertiges spezialisiert – und ist damit wichtiger als je zuvor. Die Digitalisierung ist dem Gedruckten ein Freund in Feindes Gewand. Kluge Köpfe machen sich die scheinbare Übermacht des Internets zunutze, indem sie Botschaften wirklich wirksam platzieren. Sie heben sich von der Masse ab – und das können sie nur mit Print.