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Eine Lobby für die Stimmlosen: Fachstelle Sexarbeit XENIA

Sex gegen Bezahlung ist eine gesellschaftliche Realität – unabhängig davon,ob man dies toleriert oder ablehnt. Der Umgang der Gesellschaft mit dem Phänomen der Prostitution ist bis heute von Ambivalenz geprägt. Das Thema löst emotionale Debatten aus, es verleitet zu Voyeurismus und Pauschalisierungen.

In der Schweiz steht die Prostitution unter dem Schutz der verfassungsrechtlichen Wirtschaftsfreiheit und ist seit 1942 legal. Es gilt klar zu unterscheiden zwischen der freiwilligen Prostitution und dem Menschenhandel. Wer aus freien Stücken Sexarbeit anbietet, entscheidet sich bewusst für diese Tätigkeit und übt sie selbstbestimmt aus.

Für Sexarbeitende ist es schwierig, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Das gesellschaftliche Stigma hält sie davon ab, sich öffentlich zu ihrer Tätigkeit zu bekennen. Umso wichtiger sind Organisationen, die sich für ihre Anliegen einsetzen. Diese Aufgabe übernimmt die Fachstelle Sexarbeit XENIA in Bern.

Der Verein XENIA wurde 1984 mit dem Ziel gegründet, die Akzeptanz der Bevölkerung für die Sexarbeit zu fördern und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das vierköpfige Team berät Frauen und Männer, die in der Sexarbeit tätig sind. XENIA sucht aktiv den Kontakt zu den Etablissements und informiert die Öffentlichkeit über das Sexgewerbe.

Wie gut gelingt es der Fachstelle, diese Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen? XENIA hat in den vergangenen Jahren viel Zeit investiert, um die Medienschaffenden für das Thema zu sensibilisieren. Mit Erfolg: Die Berichterstattung ist heute differenzierter, die meisten Medien haben verstanden, dass reisserische Darstellungen mit voyeuristischen Bildern Vorurteile zementieren und damit die Position der betroffenen Frauen und Männer schwächen.

Was die politische Debatte anbelangt, ist die Situation komplexer. Seit Schweden und Frankreich den Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe gestellt haben, werden solche Forderungen auch in der Schweiz laut. Die sogenannte abolitionistische Bewegung emotionalisiert die Debatte. Christa Ammann, die Leiterin der Fachstelle Sexarbeit XENIA, kritisiert dabei die fehlende Differenzierung zwischen freiwilliger Sexarbeit und Menschenhandel. Zwar wünscht sie sich eine Diskussion über die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, doch bietet dies gleichzeitig auch den politischen Gegnern eine Plattform. Schnell wird der Ruf nach einem Verbot der Prostitution oder Bestrafung der Freier und Freierinnen laut. Doch zeigen Erfahrungen aus Frankreich und Schweden, dass damit den Frauen und Männern im Sexgewerbe nicht geholfen ist. Im Gegenteil: Eine Studie von Médecins du Monde zur Lage in Frankreich zeigt, wie sich die Situation der Sexarbeitenden seit Einführung des schwedischen Modells verschlechtert hat. Mehr als die Hälfte der Freier verlangt Sex ohne Kondom, die Verbreitung von Syphilis hat zugenommen, und die Repression gegen die Sexarbeitenden durch die Polizei ist stärker als zuvor. Ammann ist überzeugt: «Solange Sexarbeit gesellschaftlich stigmatisiert ist, bleibt die Situation für die Betroffenen schwierig. Obwohl ihre Arbeit legal ist, können sie ihre Rechte aus Angst vor einem Outing oft nicht durchsetzen». Damit sich das ändert, braucht es Organisationen wie XENIA. forum|pr unterstützt die Arbeit der Fachstelle Sexarbeit XENIA ideell und finanziell.